Red Bug Charity

Red Bug Charity – Johannes Groschupf

1. August 2014

Johannes_Portait1 RBBZweiter Autor *zong*: Johannes Groschupf. Wie ihr vielleicht bemerkt, habe ich mich auf der Suche nach AutorInnen erstmal in meiner Autorenumgebung umgesehen. Kurz gesagt: In meinem Verlag. Mit Johannes verbindet mich sogar die gleiche Lektorin bei Oetinger und als dann auch noch sein Thriller „Der Zorn des Lammes“ veröffentlicht wurde und ich wusste, ein Jahr später bin ich auf dem gleichen Programmplatz, dachte ich mir, Schwester, den kannst du fragen. Dazu kommt, dass er in Berlin wohnt und auch noch ziemlich abgefahren über Berlin schreibt. Leseempfehlung: „Lost Places„, ein Berlin-Krimi mit dem er für den HansJörg-Martin Preis 2014 nominiert war. Also lesen. Okay, genug geschwärmt, jetzt geht es gleich zu den Fragen, die ich ihm gestellt habe. Die ersten drei, die ich immer gerne stelle, die weiteren aus persönlicher Neugierde.

K: Manchmal sind einem die eigene Buchcharaktere näher als reale Menschen. Welcher deiner Buchcharaktere kann dich nachts um 2 Uhr anrufen und um deine Hilfe bitten?

J: Jazz könnte jederzeit gern anrufen, aber sie braucht keine Hilfe mehr. Lennart würde wohl anrufen und dann nicht mehr wissen, was er eigentlich will. Herr Pilarski bitte nicht! Phil und Marlene, wann immer sie wollen, was immer sie brauchen. Eigentlich wäre es mir lieber, ich wäre derjenige, der anrufen dürfte. Nicht unbedingt um zwei Uhr nachts, doch hin und wieder wüste ich schon gern, was aus ihnen allen geworden ist.

K: Und mit wem deiner Protagonisten würdest du einen – eher gefährlichen – Abenteuerurlaub unternehmen? Kurz: wem vertraust du, wer gibt dir Sicherheit?

J: Jan Grahn (aus „zu weit draußen“), wenn es wirklich gefährlich wird. Eine Fahrt mit der transsibirischen Eisenbahn würde ich mit vielen meiner Figuren machen. Oder den Highway 61 hinunter nach New Orleans.

K: Tja, nun die unausweichliche Frage: Wenn du eine/n zum Leben erwecken könnest – Wer wäre das?

J: Moe. Aber eigentlich gibt es sie schon.

K: Ich mochte „Lost Places“. Thema, Titel, Cover perfekt und natürlich die Locations! Ah, Berlin. Was ist dein Lieblingsbezirk in Berlin?

J: Neukölln. Die ehrliche Haut unter den Berliner Bezirken. Kenne ich seit den Achtziger Jahren, als es noch sehr urberlinisch war, Arbeitergegend, Hinterhofnachbarschaften, kleine Läden, schlagfertige und hilfsbereite Menschen. Hat sich unterdessen sehr gewandelt, ist teilweise heruntergekommen, teilweise aber auch hip geworden, Spielfeld für die nachwachsenden Generationen.

K: Wo wohnst du in Berlin und was schätzt du an deinem Kiez?

J: In Kreuzberg. Vermutlich der meistgehasste Bezirk in Berlin. Ich habe lange im „besseren“ Teil 61 gelebt und mag jetzt auch den wilderen Teil 36. Was ich mag: den Landwehrkanal, Bergmannstraße und Oranienstraße, die zahlreichen und völlig unterschiedlichen Milieus. (Oh, hier muss ich eine Anmerkung machen: Hassen? Nein, glaube ich nicht. Da ich sowohl in 36 als auch 61 gewohnt habe – beide Teile sind cool!)

K: Beim „Zorn des Lammes“ (You Tube Video zum Buch) geht es schon etwas härter zur Sache. Geht dir das auch so, dass man bei konfliktreicheren Themen auch mehr (mit)leidet als Autor?

J: Nein, das nimmt mich nicht besonders mit. Als ich meinen ersten Mord (als Milan seinen Konkurrenten um den Tellerwäscher-Job beseitigt) geschrieben habe, war ich verblüfft, wie frisch und ausgeruht ich mich danach gefühlt habe. Auch die Vergewaltigung zu schreiben war eher von Neugier und Spielfreude bestimmt. Beim Schreiben bin ich interessiert an dem, was geschieht, aber ich leide nicht darunter.

K: Wie gehst du beim Schreiben mit dem Konzept von Gut und Böse um?

J: Gut und Böse interessieren mich nicht so sehr, mir geht es eher um Wahrnehmungen. Was sehe ich? Was entgeht mir? Was glaube ich nur zu sehen? Wo sind meine Beschränkungen, weil ich festgefügen Mustern und Überzeugungen folge? Auch ein „böser“ Charakter wie Milan ist interessant, weil seine Welt folgerichtig ist. Eddie, der in der Hackordnung der Bandidos nach oben kommen will, ist moralisch auch kein Wonneproppen, aber als Autor mochte ich ihn. Gerade die Jugendliteratur ist viel zu sehr von pädagogischen Konzepten bestimmt, die den Blick auf die Welt und die wirklichen Erfahrungen, die Jugendliche machen, verstellt.

K: Hast du beim Schreiben deiner Jugendbücher einen imaginären Leser? Deinen Sohn? Und gibst du das fertige Manuskript Freunden oder Familienmitgliedern zum lesen?

J: Einen imaginären Leser brauche ich nicht unbedingt, dafür aber eine Reihe realer Leser während des Schreibens. Bei „Lost Places“ waren das tatsächlich mein Sohn und seine Leute, die auch ein gutes Gespür für den Kreuzberger Slang hatten. Beim „Zorn des Lammes“ hatte ich eine Gruppe von Schülerinnen, die in Etappen mitgelesen und darüber mit mir diskutiert haben. Ich habe auch stets gute Erfahrungen mit Manuskript-Runden gemacht, bei denen sich Leute austauschen, die alle an Romanen schreiben, ihre Erfahrungen teilen, sich sachliche Kritik und Unterstützung geben.

K: Und zum Abschluss: Was kommt als nächstes (Buch)? Wird Berlin wieder Schauplatz sein – oder… ?

J: Es kommt wieder ein Jugendthriller, diesmal spielt er im alten Berliner Westen, obere Kurfürstendamm-Gegend. Ein altes, ehrwürdiges, aber heruntergekommenes Hotel wird vererbt, und als die 18jährige Katinka das Erbe ihres Vaters antritt, gerät sie in Lebensgefahr.

K: Danke für die Antworten, Johannes.

Für das Red Bug Charity-Projekt schreibt Johannes eine neue Geschichte, auf die ich mich sehr freue. Und wer mehr über Johannes Leben erfahren möchte: Er ist auf Facebook.

 

  • Reply
    Aletheia
    15. August 2014 at 15:42

    Sehr sympathisches Interview!
    Ich habe mir gerade noch eines über den Alltag des Autors und sein Buch „Der Zorn des Lammes“ auf Youtube angesehen und bin sehr gespannt auf seine Werke!
    LG Aletheia

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