Martin Luther – democratizing prayer
War Martin Luther der Steve Jobs des Mittelalters?
Neulich habe einen Vortrag von Guy Kawasaki gesehen, dem Chief Evangelist (!) von Canva, einem Programm, dass Nutzern ermöglicht, ohne professionelle Designprogramme, digitale Designs zu erstellen. Er spricht in seinem Kurs über die Basics von Entrepreneurship. In Vorbereitung auf meinen Beitrag zu Martin Luther, stellte sich mir die Frage: wenn Protestantismus ein Unternehmen wäre, wie sähe es aus?
Jedes große Unternehmen hat einmal klein angefangen. Auch wenn man sich das heute kaum noch vorstellen kann, Apple, Facebook und Google waren einmal kleine Start ups mit großen Ideen. Genau so, wie es eine Zeit gab, in der Protestantismus nicht mehr war als eine offene Frage.
Ask simple questions.
Noch wichtiger als große Ideen, sind, sagt Guy Kawasaki, einfache Fragen.
Einfache Fragen führen zu einfachen Antworten, einfache Antworten führen zu erfolgreichen Unternehmen. Einfache Fragen sind zum Beispiel; „Müsste das nicht einfacher/besser/schneller gehen?“ „Was wenn ich XY so mache, anstatt so…?“ „Ist es nicht interessant, dass..?“
Eine einfache, aber brennende Frage hatte Luther:
„What if God was just?“
Von einfachen Fragen, bis zu einem weltweiten Großunternehmen oder einer revolutionären Gedankenbewegung braucht es noch etwas mehr.
A great product
Ein gutes Produkt entsteht, vereinfacht gesagt, an der Schnittstelle zwischen dem, was du gerne machst, gut kannst und dem Interesse von potentiellen Kunden.
In Luthers Fall war das offensichtlich. Er war ein leidenschaftlicher Mönch und Gläubiger, ein begabter Theologe und die Menschheit war bereit für Veränderung. Wenn Reformation ein Produkt wäre, dann würde es sich genau da wohl fühlen. In der Mitte von Luthers Interessen, Begabungen und der Notwendigkeit von Veränderung.
In den meisten Fällen, lassen sich die zwei ersten Faktoren schnell definieren, der Knackpunkt entsteht bei der Integration der dritten Frage: Does anybody care?
Does anybody care?
Im Fall Luthers standen die Vorzeichen günstig.
Zu Luthers Zeiten war die katholische Kirche mehr als eine Art, sich das Leben auf der Erde zu erklären oder sinnvoller zu gestalten. Denk darüber nach, du reist ins Mittelalter und willst dir die einflussreichste, mächtigste Position aussuchen, die es gibt. Vielleicht fällt deine Entscheidung schnell, na hallo – König. Und jetzt stell dir vor, der König war, im mittelalterlichen Verständnis, von Gott auserwählt. Und wurde vom Papst gekrönt. Ohne die Zustimmung und Unterstützung der Kirche hattest du wenig Möglichkeiten deinen Machtanspruch gelten zu lassen, geschweige denn deine Position auszuüben. Think Henry VIII.
Was hat der Kirche ermöglicht, eine Institution zu werden, ein Unternehmen, dass einen so umfangreichen Einfluss und ausschließlichen Machtanspruch entwickeln konnte, dass sich zu Luthers Zeiten verständlicherweise eine Opposition herausbildete, die sich diesem Giganten entgegenstellte?
Telling a story
Eine Sache, die Kawasaki in seiner Vorlesung deutlich macht, ist, wenn du ein gutes Produkt hast, brauchst du eine Story. Um Menschen von deinem Produkt zu überzeugen reicht es nicht, ihnen die Vorteile deiner Innovation um die Ohren zu hauen. No one cares about progress. Basically. Um den Sinn einer Idee zu verstehen, brauchen wir eine Geschichte. Etwas, was uns den Vorteil oder die Notwendigkeit von Veränderung nahe bringt, die Möglichkeiten einer Erfindung oder das Potential einer Idee.
Was Story angeht, stand die katholische Kirche im Mittelalter ganz oben. Zwei Worte. Die Bibel. Aber es braucht noch nicht einmal ein ganzes Buch um die Story der Christenheit zu erzählen.
Jesus, Gottes Sohn, hat die sündhafte Menschheit durch seinen Tod von ihrer Schuld erlöst.
Pitch perfect
Es wird der Moment kommen, im Leben deines jungen Unternehmens, an dem du deine Idee präsentieren, pitchen musst. Kurz und knackig sagen, warum und wie dein Produkt die Welt verändern wird.
Stell dir vor, du läufst in ein Pitching der katholischen Kirche zu Zeiten Luthers.
„Hi, wir sind die Katholische Kirche, wir helfen Menschen dabei, sich von ihren Sünden zu befreien.
Hast du dich schon mal gefragt, was mit dir passiert, wenn du stirbst? Hunderte von Menschen werden täglich von der Pest, Hungersnöten und Elend dahingerafft. Viele von ihnen sterben, ohne die heilende Gewissheit, dass im Jenseits das Paradies auf sie wartet. Im Gegenteil. Der durchschnittliche Sünder kann sich auf eine quälende Ewigkeit im Fegefeuer gefasst machen. Bevor am Tag des jüngsten Gerichts endgültig über sein Schicksal entschieden wird.
Wir haben uns gefragt – was wäre, wenn es eine Möglichkeit gäbe, aus dem Diesseits auf sein eigenes Schicksal und das seiner Verwandten einzuwirken. Wenn es eine einfache und effektive Option gäbe, das Heil seiner Liebsten sicherzustellen. Und das gemeinsame Wiedersehen im Himmel des Herrn.
Wie eine Welt aussehen würde, in denen Menschen in Frieden leben könnten, in der sicheren Gewissheit, dass ihnen die Liebe und Vergebung des Herrn zukommen.
Wir haben ein System entwickelt, mit denen es möglich ist, genau das zu tun. Die katholische Kirche ermöglicht Menschen, sich von ihren Sünden zu befreien und im Angesicht Gottes auf Erden sowie im Himmel zu leben.
Das funktioniert ungefähr so…“
Schon auf den ersten Blick wird deutlich, wie stark die Postion der katholischen Kirche gewesen sein muss. Und wie deutlich sich eine Marktlücke für einen Gedanken auftat, der dem entgegenwirkte.
Democratizing prayer
Wenn du ein Unternehmen gründest, wird in der Regel von dir verlangt, ein Mission Statement zu formulieren. Ein Dokument, in dem du die Grundpfeiler deines Unternehmens festlegst. Die Ziele, Vorhergehensweisen und Überlegungen, die dein Unternehmen ausmachen und, nicht zuletzt, von anderen abhebt. So ein Dokument ist meist umfangreich und, wenn auch wasserdicht, schwer zu merken. Guy Kawasaki empfiehlt Start ups deshalb, anstatt oder als Ergänzung zu einem Mission Statement, ein Mantra zu formulieren. Ein formloser Satz, der aus ein bis Worten besteht und auf den Punkt bringt, worum es dir und deinem Team geht. Dein Mantra ist, Motivation, Erklärung und Herausstellungsmerkmal in einem. Im Idealfall sollte es jemandem ermöglichen anhand von deinem Mantra dein Unternehmen zu erkennen.
Apple – democratizing computing
Canva – democratizing design
Protestantism – democratizing prayer
Pitching Protestantism
„Hi, ich bin Martin Luther und ich glaube, dass allein der Glaube Gottes Gnade hervorrufen kann.
Als ich nach Rom kam, nahm ich vor, wie jeder andere auch, die Stufen der Helligen Treppe des Laterans zu erklimmen, um dort für meine Sünden um Vergebung zu bitten. Und als ich betend vorkroch, und die Hitze des Fegefeuers auf meinen Wangen zu brennen schien, sah ich um mich herum Hunderte von anderen, die gebeugt und gebückt, gepeinigt und verzückt mit mir kletterten. Und ich fühlte mich wohl, in dem Bewusstsein, das mir verziehen würde. Doch als ich nach der Beichte ins Sonnenlicht hinaustrat um die Vergebung zu genießen, wie der Verdurstende kühles Wasser, drangen Geräusche an meine Ohren, die meine Verzückung zunichte machten. Das Klingeln von Münzen in einem Bußkasten, das Zetern von Frauen, die sich Männern darboten, das Plärren von Kindern, die ohne Essen dastanden, das Wehklagen der Betenden die für die Erlösung ihrer Seele baten. Und als ich so auf den Stufen der Heiligen Treppe stand, musste ich mich fragen:
Was wäre wenn, die Gnade Gottes jedem frei zugänglich wäre? …“
Kapital und Expansion
Natürlich ist es Quatsch, ein kapitalistisches System zu benutzen, um den Erfolg der Reformation zu bewerten. Was liegt der Idee von Kapitalismus zu Grunde? Ich würde sagen, Expansion und Kapital. Es wäre zynisch zu behaupten, eine Religion wäre dazu da, Kapital aus ihren Prinzipien zu schlagen. Nicht zuletzt, war das ja genau das, was Luther an der mittelalterlichen Katholischen Kirche so scharf kritisiert hat. Aber wenn man materielles Kapital mit spirituellem Kapital ersetzt, einfach als Experiment, ist es nicht interessant, wie ähnlich die Systeme sind, die eine Sache, irgendeine Sache, erfolgreich machen?
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