Ich bin gern zum Konfi gegangen. Damals in den frühen Siebzigern. Zwei Jahre lang, einmal die Woche plus Sonntags in die Kirche. Im Gegensatz zum Gymnasium wurden Jungs und Mädchen gemeinsam unterrichtet. Schon spannend! Damals.
Und unser Pfarrer und sein Vikar, die den Unterricht abhielten, waren definitiv cooler als die meisten Lehrer auf der Schule.
Da hab ich dann auch zum ersten Mal den Kleinen Katechismus in der Hand gehabt. Was ist das?
Ja, das ist die Frage. Die Frage, die in diesem kleinen Heftchen ständig gestellt wird. Von Luther gestellt wurde. Er hat dieses kleine Sammlung 1529 verfasst, die die Grundlagen des christlichen Glaubens, wie er ihn sah, erläutern sollte. Und er hatte eine klare Zielgruppe: Pfarrer und Hausvorstände sollten grundlegende, kurze und knappe Erläuterungen zum christlichen Glauben und den neuen reformatorischen Erkenntnissen erhalten. Um sie dann an ihre Gemeinden oder Familien weitergeben zu können.
»Die klagenswerte, elende Not« habe ihn »gezwungen und gedrungen« die »christliche Lehre in eine solche kleine, schlichte, einfache Form zu bringen.« In seiner Vorrede zum Kleinen Katechismus beklagt er den »Jammer«, den er auf seinen Visitationsreisen erlebt hat. »Der ungelehrte Mann weiß doch gar nichts von der christlichen Lehre, besonders auf den Dörfern, und viele Pfarrer sind sehr ungeschickt und untüchtig zu lehren. Und doch wollen sie alle Christen sein, getauft sein und die heiligen Sakramente genießen, obwohl sie weder das Vaterunser noch das Glaubensbekenntnis oder die Zehn Gebote kennen.«
Im kleinen Katechismus werden also die Zehn Gebote, das Glaubensbekenntnis, das Vaterunser und die drei Sakramente Taufe, Abendmahl und Beichte aufgeführt und erläutert. Sie werden wortwörtlich wiedergegeben und nach jedem Satz stellt Luther dann die Frage: Was ist das? Um dann eine kurze Erläuterung zu geben.
Das war so erfolgreich, dass noch knapp fünfhundert Jahre später evangelische Pfarrer damit ihre Konfirmanden unterrichten.
Luther hatte ja die in der Katholischen Kirche üblichen sieben Sakramente, Taufe, Eucharistie, Firmung, Ehe, Buße, Priesterweihe und Krankensalbung auf drei reduziert: Taufe, Abendmahl und Beichte .
Seltsamerweise hatte er nichts gegen die Säuglingstaufe einzuwenden, obwohl er in der Vorrede zum Kleinen Katechismus schreibt, man solle »niemanden zum Glauben oder zum Sakrament zwingen, auch kein Gesetz, noch Zeit, noch Stätte bestimmen. (…) Aber wir wollen so predigen, dass sie sich selbst, ohne unser Gesetz, drängen.« Ihm war schon klar, dass ihm ohne Kindstaufe einige Schäfchen verlorengehen würden. Er war aber vehement gegen die Erwachsenentaufe, (darüber in einem der nächsten Beiträge) und auch die Firmung hatte er allerdings als Sakrament gestrichen.
Warum saß ich dann im Konfirmationsunterricht? Klar, damit ich mich etwas auskannte in dem Verein, in den ich durch die Taufe aufgenommen worden war und zu dem ich mich jetzt nach zwei Jahren Unterricht noch einmal bekennen sollte. Na ja mit vierzehn war das damals auch noch keine so bewusste Entscheidung. Und niemand hätte sich im Ernst gegen die Konfirmation entschieden. Es waren alle da. (siehe Beitragsbild). Sähe heute schon etwas anders aus.
Vor diesem schönen Gruppenbild (in den Siebzigern wurde nicht hinterfragt, wieso die Jungs vorne stehen) gab es allerdings eine Prüfung. Wir sollten nicht nur sagen, okay jetzt wo wir einmal getauft sind bleiben wir dabei, nein wir sollten geprüft werden. Geprüft darauf, ob wir auch alle Glaubenssätze gelernt und verstanden haben. Als hätten sie wirklich jemand rausgeschmissen. Es wurde also vor der Gemeinde eine Prüfung abgehalten. Anwesend waren hauptsächlich die Verwandten der Konfirmanden. Die meisten seit Jahren das erste Mal wieder in einer Kirche.
Ich hatte meine 192 Strophen aus dem Gesangbuch gelernt (wie blöd kann man sein, als hätte die im Ernst jemand abgefragt) und konnte auch den Kleinen Katechismus auswendig. Bei jeder Frage also, bäng Finger hoch. Bloß nicht ungefragt drankommen, wenn man es vielleicht doch nicht weiß. Und abtauchen wie in der Schule, vor so vielen Leuten, geht ja nicht so richtig. Nach zehn Minuten dreimal was gesagt und … Entspannung. Jetzt wird er mich nicht mehr fragen. Wir sind zu viele.
Interessant, dass Luther sich auch hier und also der Konfirmationsunterricht noch fünfhundert Jahre später auf das Wort verlässt. Darauf, dass man Texte kennt und Erläuterungen dazu versteht. Wie hätte so eine Prüfung ausgesehen, wenn man Meditationsunterricht gehabt hätte?
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