Aus welchen Elementen setzt sich die Landschaft zusammen?
Welche Wirkung entwickelt sie dadurch?
Es war einmal ein Fluss in einem grünen Tal. Es war eine Eule auf einem Ast, ein Hirsch im Wasser, Fische im Strom, ein Nest in den Zweigen.
Dann kommt ein Mensch mit seinem schiefen Gesang, den krummen Beinen, einem Maultier und lauter Töpfen, Pfannen, Hacken und Spitzen. Wo der Hirsch elegant im gleißenden Bach steht, liegt der Mensch bäuchlings, um sich die werdende Glatze zu kühlen.
Ein Eichhörnchen findet Nüsse, ein Fisch findet die Strömung, ein Vogel den Wurm. Der Mensch sucht.
Nicht nach Wasser, Nahrung, Licht, sondern nach etwas anderem. Einem verzögerten Glück, einer ausgedehnten Wahrheit. Einem wenn dann oder eines Tages. Einem immer anderen Moment, einer immer anderen Begebenheit. Nach etwas, das nicht aus der Luft zu atmen, oder dem Gras zu entnehmen ist. Etwas, das über diesen Moment der Schönheit (oder des Schmerzes) hinausgeht. Er hungert. Nach einer Nahrung, die kostbar aber nicht schmeckbar ist. „Maybe.“ sagt der Mensch und holt den Spaten raus.
In welcher Beziehung steht die Landschaft zu dem Charakter, der sich in ihr bewegt?
Vielleicht kommt er aus einer Stadt. Stiefelsohlen, angepinnte Sheriff-Sterne, zusammenkrachte Dächer, hinter der Ecke noch ein Einschussloch. Vielleicht aus einem Zeltlager, aus einem Bergwerk, Schlange am Zahltisch, Schlange am Hafen, Schlange im Bett, Rampe vom Schiff, Neuland.
Für jetzt kommt er aus dem Wald. Hinter einer Tanne hervor. Et voilà, vor ihm liegt ein Stück Himmel auf Erden. Zumindest potenziell. Denn wonach der Mensch sucht, ist keine Pause, kein Innehalten oder Ansehen. Sondern ein Ausruhen in nicht allzu ferner Zukunft. Kurz vorm Ins Grab fallen, noch einmal entspannt die Beine hochlegen. Den Bauch voll, ein gutes Bier, ein schöner Anblick, ein gutes Hemd. Blumen auf dem Tisch, frischer Teig, Zigarrenqualm. Vielleicht ein Buch, ein Scotch, ein Rum, ein Spiel.
Durch welche rückenbrechende Lebensumstände und Landschaften er sich bis jetzt geschleppt, gerobbt, gesungen hat, wissen wir nicht. Allein bis auf das Maultier und seine Zukunft, die ihm im Auge glitzert.
Wo Fluss sein sollte, ist auf einmal Erde, wo Gras sein sollte, ein umgepflügtes Loch. Mister Pocket. Im Menschsein muss alles andere auch Mensch sein. Eine Goldgrube ist nicht etwas, sondern jemand. Mister Pocket. Das bedeutet sie hat eine Agenda. Nicht einfach da zu sein, sondern sich zu verbergen, vor den suchenden Augen. Sich den suchenden Händen zu entziehen. Ihr Gold für sich zu behalten. Alles wird zum Antagonist, bis es bricht und allen Reichtum preisgibt. Dann ist Mensch Freund mit der Landschaft. Dann schauert es Liebe. Good night mister pocket.
Inwiefern spiegelt die Landschaft die Gefühlswelt des Charakters wieder?
Eine meditative Hingabe geht vom Mensch aus, der im Fluss hockt und Erde durchspült. Wir beobachten ihn, wie eine Eule ihn vielleicht beobachtet. Arbeitet oder spielt er? Macht das Sinn? Muss es das?
Sieht für Menschen Idylle so aus? In einem Fluss hocken, eine verrostete Scheibe nach Goldkrumen abzählen. Abends den Kopf auf den zusammengerollten Pulli legen, das Maultier schnauben hören. Morgen, morgen krieg ich dich, Mister Pocket. Morgen. Und in den Schlaf dämmern, in dem man von Gold träumen kann. Oder nur die Nachtluft riechen. Harz aus dem Nadelwald, Nebel über dem Fluss, das Shoo Shoo einer Eule.
Vielleicht geht sogar eine heimliche Freude davon aus, sich gerade so durchzuschlagen. Ein Loch zu machen, zu wagen, zu hoffen, zu buckeln, zu kreuzen und weiterzuziehen. Vielleicht gibt es im Herumspaten, im Aufkratzen, Abschippen, Ausspülen eine zeitlose innere Zufriedenheit. Ist das Jetzt immer besser, als das Gleich? Der Wunsch danach, Gold zu finden und sich fast den Rücken zu brechen, bei dem Versuch, nicht genauso gut wie das Eintauschen des glitzernden Steins gegen eine Wurst? Ist das an etwas arbeiten, für etwas arbeiten, auf etwas hin zu arbeiten, genauso so idyllisch, wie die Idee des Feierabends? Will der Mensch wirklich ankommen? Kann er? Ist er es schon?
Ein Eulennest zu räubern klingt nach einer gute Idee, im eigenen Kopf. Wenn die Eule einem dabei zu sieht, wird der Mensch beschämt. Dann erinnert er sich. Woran? Almost enough to keep. How high can a bird count anyway? Der Mensch kann zählen, bis almost enough to keep und weiter. Immer weiter.
Welche psychologische Funktion hat die Szene innerhalb der Geschichte?
In dieser Welt ist der Mensch das unvollkommenste Geschöpf. Das, das ständig nach etwas sucht, das es schon längst gefunden hat. Idylle.
In diesen Landschaften kann der Mensch sich fremd fühlen. Ausgeschlossen aus dem Frieden, der Ebenmäßigkeit, dem sanften Puls aller natürlichen Vorgänge. Dabei fließt durch seine Adern Blut, pumpt das Herz stetig im eigenen Takt, strömt Atem in die Lungen und wieder hinaus. Dabei ist Idylle menschgemacht. Sie existiert nur dann, wenn sie als Idylle wahrgenommen wird.
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