Das Problem des Schriftstellers, überhaupt des Künstlers, ist doch, daß er sein ganzes werktätiges Leben versucht, auf das poetische Niveau seiner Träume zu kommen.
(Heiner Müller)
#33 Drei Drähte
Meine Augen brennen vom Qualm der Zigaretten, Zigarillos und Zigarren. Nebenan im Wohnzimmer auf einem langer Geburtstags- oder was-auch-immer-da-gefeiert-wird-Tisch, Flaschen, Zigaretten, Schnaps und Aschenbecher. Ich sehe durch die offene Tür. Die fehlende Wand. Die Männer spülen das Bier mit Schnaps runter, die Frauen kippen dunkelroten Aufgesetzten aus kleinen Likörgläschen.
Die Mutter dreht sich zum Vater. Heinz, du hast ja wieder die Augen voller Sägemehl. Du kannst ja gar nichts mehr sehen.
Sie schaut zu mir herüber. Echt jetzt, schon wieder?
Okay. Ich gehe rüber, stelle mich hinter ihn, beuge mich runter und flüstere ihm ins Ohr. Komm ich spüle es weg. Er jammert, hält sich die Augen, legt aber den Kopf zurück. Ja, ich weiß, dass es weh tut. Ich puste das Sägemehl mit Druckluft weg. Aber es wird wiederkommen.
Ich weiß, es müssten nur drei ganz kleine Drähte in die Schläfen und die Fontanelle gesteckt werden und alles würde sofort klar. Nur drei kleine Drähte. Nirgendwo angeschlossen, ohne Equipment, ohne Verstärker. Nur drei ganz dünne Drähte.
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