Letztes Mal habe ich über das Skizzieren an sich gesprochen. Heute zeig ich dir wie das praktisch aussieht. Ich habe dir hier, im ersten Teil ›Red Bug Lettering #8: Die Skizze Teil 1‹ alle Schritte aufgeführt, die ich beim Skizzieren wichtig finde. Was gut passt: Die Gelegenheit hab ich am Schopf gepackt und gleich ein Projekt begonnen, was gerade vor der Tür steht. Es soll ein Logo werden!
Generell muss ich sagen dass es echt unterschiedliche Herangehensweisen gibt von der Skizze zum fertigen Entwurf zu kommen. Ich zeige dir hier meine und denke dass sie auf jeden Fall für dich interessant sein wird.
Denken auf Papier
Ja, genau. Wie ich letztes Mal schon erklärt habe ist Skizzieren Denken auf Papier. Es ist eine Formfindung und ein Aufdecken deiner Idee für die Außenwelt. Also ist das Wichtigste, dass du vorher eine Idee entwickelst.
Falls du nicht für dich skizzierst, sondern den Auftrag hast etwas für jemand (Es kann auch ein Auftrag von dir an dich sein!) zu gestalten, ist es wichtig, eine gute Idee zu entwickeln. Dazu brauchst du erstmal Informationen. Wenn sie dir noch nicht gegeben wurden, frage nach.
Also, wofür gestaltest du? Gibt es schon konkrete Vorstellungen, Ideen oder Inspirationen? Oder Farb- und Formwünsche? Wie ist der Ton der Sache für die du gestaltest?
Gehe ruhig bis ins kleinste Detail und sammle alle Infos übersichtlich in einem Textdokument (Da kannst du zwischendurch immer mal wieder schauen ob du dich immer noch in die richtige Richtung bewegst).
Die Idee
Ich gestalte ein Logo für eine Design-Agentur. Es gibt ein paar interessante Dinge, die schon gesagt wurden und die ich mir auf jeden fall genauer für die Gestaltung des Logos vornehmen will.
Das Logo soll bouncy, juicy, voluminös, einfach, offen, optimistisch, aber mit Edge sein (das sind alles Wörter die sehr bildlich sind, also super für dich zum interpretieren!). Es soll Stahlkraft besitzen und schöne Rundungen haben. Das Logo soll auch die Absurdität der Details einzelner Buchstaben hervorheben. Die Tröpfchenformen verschiedener Buchstaben (wie unterhalb des kleinen y) wären auch spannend näher zu betrachten. Es sollen warme Farben sein, schön sonnig (orange oder pink). Ein Fragezeichen könnte auch auftauchen, angedeutet.
Das reicht auf jeden Fall, um eine gute Idee zu entwickeln! Meine Aufgabe ist es, die verschiedenen vorgegebenen Wörter zu deuten und meine Buchstabenformen danach zu gestalten.
Zeitplan
Um effektiv voranzukommen, ist es wichtig, sich nicht zu lange an den Entwürfen aufzuhalten. Verliere dich am Anfang nicht in Details, sondern stell dir zum Beispiel den Wecker auf eine halbe Stunde. Wenn er klingelt solltest du mit dem ersten Schwung fertig sein. Zum Ende des Skizzier-Prozesses wirst du zum Verfeinern eines ausgewählten Entwurfs länger brauchen. Da geht es um die Details, aber am Anfang sollte es knackig sein.
Hier spielt eher Variation eine große Rolle. Und Intuition.
Feedback
Mir hilft beim Gestaltungsprozess oft, jemanden über meine Entwürfe schauen zu lassen (also zwischendurch, nicht, wenn schon alles tipptopp fertig ist, da sind natürlich Änderungen am anstrengendsten). Wenn du lange daran arbeitest, übersiehst du auch mal ein paar Dinge. Das ist ganz normal. Dem Ganzen kann Abhilfe geschaffen werden, wenn du nach Feedback fragst. Frag z.B. eine Freundin. Vorher kurz umreißen, wofür du es gestaltest und was die Anforderungen daran sind, dann zeigen!
Feedback hat mich bisher immer offener gemacht und ich denke dass es meistens das fertige Design noch mehr zum glänzen bringt!
Die Form
Ich nehme mir zum Anfang oft einen Filzstift, der vorne rund ist, oder einen weichen Bleistift. Damit umgehe ich, mich auf den perfekten kalligrafischen Schwung oder andere Details zu konzentrieren, die erstmal keine Rolle spielen. Wichtig ist, schön klein zu arbeiten. So werden die Zwischenräume zwischen den Strichen dichter, das erzeugt eine gute Spannung.
Wie du siehst habe ich bereits ein wenig geschummelt: Nicht alles ist mit Filzstift gemalt. Manchmal beginne ich damit schon sehr früh, sei am besten nicht so ungeduldig wie ich. Denn nach diesem Schritt kannst du dich austoben. Ich skizziere ganz verschiedene Buchstaben. Im Kontrast siehst du hier: dicke neben dünnen Buchstaben, schmale neben weiten, dynamische neben stabilen oder Groß- neben Kleinbuchstaben.
Anmerkungen zu den oberstehenden Entwürfen: Ich nehme Klein- anstatt Großbuchstaben. Rundungen tuen den Buchstaben fürs Logo gut. Der ›i‹-Punkt soll rund anstelle eines Strichs sein.
Der Favorit ist eine schlichte Variante. Schau mal, das ›iff‹ ergibt eine schöne, gleichmäßige Form und das ›y‹ ist dynamisch. Damit könnte ich noch etwas Abgefahrenes machen. Interessant wäre jetzt das Ganze in eine Kreisform zu bringen, logomäßig. Und vielleicht nur die Konturen der Buchstaben stehen zu lassen.
Werkzeuge testen
Voila: oben links habe ich die Kreisform getestet. Die beiden unteren sind aus der Konturidee entstanden. Und der rechte Block ist mit Brushpen geschrieben. Ich könnte hier noch mit jeder Menge anderer Stifte und Werkzeuge Buchstaben zeichnen. Aber ich bin ganz zufrieden mit dem Filzstift.
Anmerkungen zu den oberstehenden Entwürfen: Die Brushpenvarianten sind größtenteils zu schmal. Generell treffen die Skizzen aber schon den positiven Grundton, sie sind schön freundlich. Sie könnten aber mehr Biss vertragen (zitroniger) und mehr bouncy sein. Jeder Buchstabe sollte iconhaft sein, also auch für sich stehen können. Aus diesen Skizzen ergeben sich zwei Richtungen für die Logogestaltung: Ein illustrativer Buchstabenstil und ein fontmäßiger (also scharfe Outlines, eher crispy).
Diese drei Skizzen tragen schon viel von dem, was das Logo widerspiegeln soll, in sich. Sie sind aber noch ein wenig filigran, also mache ich jetzt die Buchstaben breiter.
Aus den Skizzen entstehen neue Skizzen
Jetzt ist alles dicker und du siehst, dass sich der Logocharakter entfaltet, also eine Flächigkeit. Welche Skizzen sprechen dich zuerst an? Welche fallen dir ins Auge? Welche gefallen dir? Welche harmonieren mit der Idee? Das sind wichtige Fragen, die stelle ich mir bei jedem Durchgang.
Ich schaue mir die Skizzen an, versuche ohne Vorurteil ranzugehen. Ich beobachte in diesem Moment auch vor allem mich, wie ich die Skizzen anschaue.
Beobachte immer auch dich selbst, gerade kleinste Regungen können dir verraten, ob du dich selbst mit deiner Skizze überzeugst oder nicht.
Hier sind die drei Favoriten. Noch nicht ganz ausgewogen, aber das kommt natürlich später. Die rechte Skizze ist schon sehr weit, die anderen beiden könnten noch lesbarer sein. Die Tropfen kommen auf jeden Fall schonmal gut!
Konkretisieren & Abpausen
Abpausen ist jetzt dran. Ich nehme meine Favoriten und korrigiere Stellen die ich doof finde. Ich pause mit Bleistift die Elemente ab, die mir gefallen. Dann probiere ich verschiedene Varianten für die Stellen, an denen es noch nicht so funktioniert.
Hier zB. habe ich Kringel mit eingebaut. Wahrscheinlich passt es inhaltlich nicht zum Logo, aber das wichtigste beim Skizzieren ist dass du auch Quatsch-Ideen aufmalst und zumindest probierst. Du weißt nie!
Diese Varianten spielen mit den Schwüngen. Mal hier mehr, mal da weniger. Aber die Skizze auf der vorletzten Abbildung, mit der Kontur passt irgendwie besser.
Die beiden Skizzen funktionieren auch gut.
Wichtig ist, dass verspielte Skizzen immer wieder reduziert werden, damit eine Einfachheit entsteht.
So kommt die Idee auch richtig an. Und gerade Buchstaben müssen immer, wenn es wichtig ist sie gleich entschlüsseln zu können, lesbar sein.
Nächstes Mal geht es weiter mit der Verfeinerung der Formen. Und was auch beim Skizzieren eine Rolle spielt, sind Farben. Isabel hat schon mal das Logo in Farbumgebung getestet. Danke Isa! Mehr davon im nächsten Blogbeitrag.
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