Das magische Objekt - Dinge in Geschichten

#09 – Das Messer

26. August 2020
Das magische Objekt - Dinge in Geschichten #9 Das Messer

Das magische Objekt - Dinge in Geschichten #9 - Das Messer

 

Stahl, Kupfer, Eisen, scharf in Form gebracht. Holzgriffe, Lederwickel, Knochen. Silberklinge und Elfenbeinheft, Eine angespitzte Zahnbürste. Messer gehören zu den wichtigsten Werkzeugen der Menschheit. Bevor es Gabel und Löffel gab, Teller und Tassen, gab es Messer. Man kann mit ihnen schneiden, stechen, hauen, hacken, ritzen, schlitzen, schnitzen, graben. Obwohl es unzählige Formen gibt, in denen Messer sich zeigen, sind sie vom Aufbau immer gleich. Klinge, Griff. Einfach in die Hand zu nehmen.

 

 

Scharfe Klinge, scharfer Verstand

Wenn wir vor unserem Lebensbuffett sitzen, die Serviette brav auf dem Schoß, Blumengesteck und Goldporzellan, können wir uns an vielen Möglichkeiten satt sehen. Ein Teelöffelchen zum Zucker schippen. Ein Gäbelchen nur für den Spargel. Eine Kelle mit Löchern, damit das Wasser abfließt. Doch unter all dem liegt das Messer. Kaum versteckt. Und im Zweifelsfall brauchen wir nur das.

Ein Messer trennt. Eins vom anderen. Oder eins in zwei andere. Ein Messer entscheidet. Was lassen wir leben, was soll sterben. Was wollen wir behalten, was geben wir weg. Was trennt sich und was bleibt zusammen.

Um mit einer Klinge sauber umzugehen, braucht es die richtige Menge Druck.

Manchmal wollen wir mit Garn und Nadel an eine Situation heran gehen, in der man ein Messer braucht. Versuchen zu tapen, zu tasern, zu nähen, zu flicken. Dabei ist alles was es braucht, ein klarer Schnitt. Dies gehört hierin. Dieses dahin.

Die ersten Messer wurden verwandt, um an das nahrhafte Knochenmark von erlegten Tieren zu kommen. Um bis zum Kern einer Angelegenheit vorzudringen, braucht es bisweilen eine scharfe Klinge, einen scharfen Verstand. Bedeutsames von Unbedeutsamen trennen. Faules Fleisch von gesundem. Wahr und falsch. Brauchbar von unbrauchbar. Leben von Tod. Alles in seine Einzelteile zerlegen. Von innen zu kennen.

Messeretikette

Zeig nicht mit dem Messer auf mich, reich mir den Griff und nicht die Klinge, leck das Messer nicht an, steck es dir nicht in den Stiefel, lass es Zuhause, überlass das den anderen.

Messer raus, Füße auf den Tisch. Das spitze Ende nach vorn gestochen. Der mit dem Messer trifft die Entscheidung.

Klingen schaffen Klarheit. Sie erhöhen den Druck auf eine Situation. Mit den Fäusten wedeln, Füßen treten, sobald einer ein Messer auspackt, wird es ernst.

Manchmal nimmt man das Brotmesser in die Hand und spürt einen eigentümliches Kribbeln im Nacken. Das Stammhirn sendet. Die Nerven in den Fingerspitzen singen. Wenn ich mich jetzt umdrehe und das Messer hebe. Nie erlebte Erinnerungen schicken Schauer durch die Wirbelsäule. Dann ist es vorbei. Und das Brotmesser ist Brotmesser. Willst du auch noch ein Stück?

Das Brautpaar schneidet den Kuchen mit der selben Klinge. Wir treffen Entscheidungen gemeinsam.

Messer in Geschichten

Opfermesser, Buttermesser, Jagdmesser, Skalpell. Wie Messer aussehen, wie sie getragen und wofür sie genutzt werden, sagt viel über die Welt aus, in der ein Charakter such bewegt.

In der stickigen Einkehr sitzen alle dicht an dicht. Ellenbogen schwitzen wie der Hartkäse auf dem Kanten Brot. Leichtes, schales Bier, saurer Wein. Vor der Tür ein Herbststurm, vor dem Kamin zu heiß. Du schälst dich aus dem Mantel, hebst die Hand zum Wirt. Gabel und Löffel werden gebracht, dein Messer hast du selbst dabei.

Manchmal wird sein Blick wild. Das hast du gesehen, als du hinter den anderen auf dem Schulhof standest. Rücken vor dir, Haare im Gesicht. Um die beiden hatte sich ein Kreis gebildet. In der Mitte ein Loch, um das die beiden schlichen, die Fäuste gehoben. Seine Augenbrauen tiefer als sonst, die schmalen Schultern angespannt. Fast wie ein Tanz hast du gedacht, während seine abgewetzten Sneakers auf dem Schotter knirschten. Einer hat was gerufen, das du nicht verstehen konntest. Dann ist sie in der Schulhofsonne aufgeblitzt. Schmal, und scharf. Wo er sie hergezogen hat, weißt du nicht. Die Narbe wird bleiben, haben sie später gesagt.

Messer sind persönlich

Ein Messer ist ein persönlicher Gegenstand. Simpel oder reich verziert, lang, kurz, gebogen. Am Gürtel getragen oder um den Hals, versteckte Klinge, Butterfly.  Ein Messer dient als Waffe, Werkzeug, Schmuck. Es ist Beschützer und Talisman, Ernährer und Verteidiger.

Ein Messer zu tragen bedeutet, Verantwortung für die eigenen Entscheidungen zu übernehmen.

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