„Die Akte Madrid“ von Andreas Storm
„Die Akte Madrid“ von Andreas Storm ist ein Kriminalroman, der – zwischen Fakten und Fiktion – tief in die Geschichte von Beutekunst und politische Verstrickungen zwischen Spanien und Deutschland eintaucht.
Die atemlose Jagd nach der bitteren Wahrheit eines gestohlenen Gemäldes, die von den Folterkellern der Franco-Diktatur bis in die Ministerien der Bonner Republik führt – ein neuer Fall für Lennard Lomberg voller politischer Intrigen und persönlicher Konflikte. (Inhalt von KiWi).
Krimi oder auch Politthriller
Ich bin kein Fan von Thrillern oder Krimis (Patricia Highsmith mal ausgenommen), aber mich interessiert Kunstgeschichte. Außerdem habe ich einmal sehr lange an einem Drehbuch gearbeitet, in dem es um Surrealismus und Fälschungen von Giorgio de Chirico ging, der als Hauptvertreter der sogenannten Metaphysischen Malerei gilt, die als einer der wichtigsten Vorläufer des Surrealismus angesehen wird.
Ich dachte mir, der Mix von Kunstgeschichte, Surrealismus und Spannung kann für mich nur gutgehen. Doch das hat nicht funktioniert. Das Thema ist interessant, aber die Umsetzung hat für mich nicht funktioniert. Als Autorin interessiert mich, was hier – für mein Gefühl – falsch gelaufen ist. Als Erstes sehe ich eine Unmenge an Fakten und Namen, die auf mich einprasseln und die Story unübersichtlich machen.
Ich meine, ich verstehe das Problem. Es ist ein sehr komplexes Thema und der wohl größere Fehler wäre, die Zusammenhänge zu vereinfachen. Doch für das leseverständig ist es wichtig, die Handlung so klar und verständlich wie möglich zu halten. Nicht jeder kennt sich aus, kennt die politischen Hintergründe, kann mit den vielen Nebeninformationen etwas anfangen. Das Buch beginnt mit einem Flashback ins Jahr 1981 in Madrid das Kapitel endet so:
„Das Letzte, was er vernahm, war das Gerüäuusch der zerberstenden Knochen seines Gesichts, dann war nichts mehr. Madrid me mata.“
Wer und was ist wichtig?
Ich lerne gerade Spanisch: Madrid bringt mich um. Soll heißen, die erste Person, die mit mir in dieser Story spricht, ist schon tot. Musste ich sie kennenlernen? Wieso? Wenn es nur eine Einstimmung in das Thema war, frage ich mich: Worauf werde ich vorbereitet? Drehbuchartig stellt sich dann das 1. Kapitel vor: Datum, Uhrzeit, Ort. Die erste Person, die ich kennenlerne, ist die Reinigungskraft. In einem Film kann ich das hinnehmen, in einem Buch bin ich darauf angewiesen, dass die mir vorgestellten Personen eine Bedeutung für das Buch haben. Ansonsten kann ich sie vergessen. Aber es ist eben ein Unterschied, ob mir eine Person über zwei Textseiten vorgestellt wird, oder ob ich sie durch das Bild huschen sehe, eine Komparsin, was mir sofort klar ist.
Und es kommen mehr Personen mit Namen und Titeln und – ich ziehe schon nach Seite drei das angehängte Figurenverzeichnis zu Rate. Was mich leicht verschreckt. Muss ich mir all diese Personen merken? Sie kennen? Das Figurenverzeichnis ist ein langes Kapitel. Wo ist Lennard Lomberg? Der taucht in Kapitel drei auf, doch statt dass ich ihn kennenlerne, geht es erst einmal um seine Kleidung. Fakts werden eingestreut, nebenher versprengselt und ich fühle mich aussen vorgelassen. Hätte ich den ersten Teil dieser Reihe lesen müssen? Bin ich zu unaufmerksam?
Dann ein über Seiten gehender Dialog, der immer wieder in Nebenthemen abschweift, die sicherlich realistisch sind, aber das Leseerlebnis sehr verlangsamen. Muss ich das wissen? Alles? Hodenkrebs? Natogeneralsekretär? Die Orte kennen? Das Ereignis?
Stil
Der Sprachstil ist ambitioniert, was die Verschachteln der Sätze angeht, driftet dann aber auch immer wieder in Phrasen ab, die den Personen vermutlich Kontur geben sollen, aber auch ermüdend zu lesen sind. Der Infodump ist beachtlich und macht es schwierig, den Text zu lesen. Ich überlege ständig, ob ich googeln muss, um mir fehlende politische Kenntnisse anzueignen, oder ob es im Text erklärt wird. Der erste lange Dialog ist ein Dialog, aber viel mehr Tell als Show, weil er mir mehr Informationen mitteilt, als ich in dem Moment aufnehmen kann.
– „Eine Meisterleistung! Dieser Timmermann war ein Teufelskerl.“
– „Timmermann?“
– „Karl Heinrich Timmermannm, ein deutschstämmiger Leutnant aus Nebraska. Er hat im März 1945 die Brücke von Remagen mit einer Handvoll GIs eingenommen und den Krieg im Westen damit um Wochen verkürzt …“
Karl Heinrich Zimmermann habe ich im Figurenverzeichnis nicht gefunden. Auch nicht unter den Figuren, die „nur Erwähnung finden“.
Fazit
Dieses Buch war nichts für mich. Wäre es ein Sachbuch gewesen, hätte ich mich auf komplexere Fakts und Zusammenhänge eingestellt, aber auch da erwarte ich Klarheit. Als Krimi kommt mir zu wenig Spannung auf, die Komplexität von Thema und Umsetzung macht das Lesen zu einer Aufgabe, deren Sinn mir nicht ganz klar wird. Das Thema hätte sich mir einfacher durch das Hin- und Herhopsen zwischen Blogeinträgen und Wikipedia aneignen können, der Krimieffekt des Buches ist bei mir nicht eingetreten. ich brauche psychologische oder Handlungsspannung, um dran zu bleiben.
Das Thema ist allerdings hochinteressant und in einem anderen Format bestimmt etwas, mit dem ich mich gerne befassen würde. Einer Arte-Doku zum Beispiel. Und vielleicht wird Andreas Storms Buch ja mal verfilmt, dann bin ich wieder am Start.
„Die Akte Madrid“ von Andreas Storm
Verlag: KiWi-Paperback
Erscheinungstermin: 17.08.2023
Lieferstatus: Verfügbar
384 Seiten
ISBN: 978-3-462-00389-5
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