Pfingsten
Pfingsten, ist der große Auftritt des Heiligen Geistes.
Ich gebe zu, dass ich als Kind den Heiligen Geist immer für eine Art Gespenst gehalten habe. Etwa genauso wie ich mir einen unheimlichen Flaschengeist vorgestellt habe, wenn in einer damals bekannten Fernsehwerbung behauptet wurde: In Asbach Uralt steckt der Geist des Weines. Wie ist der da reingekommen? Und was, wenn der da wieder rauskommt? Kinderglaube eben. Oder doch nicht?
Hatte Gott nicht selbst gesagt (Joel 3,1-5): Und es soll geschehen (…) da will ich ausgießen von meinem Geist. War das vielleicht der Geist des Weines? Schließlich wurden die Jünger von einigen für betrunken gehalten, als sie den Heiligen Geist empfangen hatten (Apg 2,13): Andere aber hatten ihren Spott und sprachen: Sie sind voll von süßem Wein.
Luther stellt in einer überlieferten Pfingstpredigt klar und er ist sich sicher, dass es auch die damals Anwesenden gewusst haben: daß man fremde, unbekannte Sprachen beim Saufen nicht lernen kann.
Aber was war eigentlich passiert?
Jesus verbringt nach seiner Kreuzigung und Auferstehung noch 40 Tage mit seinen Jüngern auf der Erde. Er bereitet sie auf ihre zukünftige Aufgabe vor. Sie sollen seine Botschaft verbreiten. Und er kündigt ihnen an, dass er die Erde mittels Himmelfahrt verlassen wird und sie dann ohne ihn klarkommen müssen. Gleichzeitig verspricht er, seinen Vater zu bitten, ihnen den Geist der Wahrheit als Beistand bzw. Tröster zu geben. 10 Tage nach der Himmelfahrt ist es soweit.
Das Pfingstwunder geschieht
Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander.
Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen.
Es wohnten aber in Jerusalem Juden, die waren gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde bestürzt; denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa? Wie hören wir denn jeder seine eigene Muttersprache? (…)
Sie entsetzten sich aber alle und wurden ratlos und sprachen einer zu dem andern: Was will das werden? Andere aber hatten ihren Spott und sprachen: Sie sind voll von süßem Wein. (Apg 2,1-13)
Mind oder Spirit
Hier scheint der Heilige Geist eine Art gemeinsame plötzliche Erkenntnis zu bewirken. Und löst auch gleich das Bedürfnis und die Fähigkeit aus, sie in die Welt zu bringen. Aber ist dazu ein Heiliger Geist nötig, der von außen kommt? Kann es nicht eine Art Erkenntnisquantensprung sein, der durch gemeinsame Übungen und Überlegungen zustande gekommen ist? (Man hatte in der Vorbereitungsphase ja auch etwas Zeit, die eine oder andere Sprache zu lernen.) Die Frage ist also: Gibt es einen Geist außerhalb von uns, der sozusagen von außen auf uns herabkommen kann? Intuitive Ideen, die unabhängig herumschwirren, aufpoppen und irgendwann von einem Menschen aufgeschnappt werden? Sozusagen Ideen mit einem eigenen Bewusstsein, mit einem eigenen Schöpfungswillen?
Für Martin Luther steht das außer Frage. Für ihn war der Heilige Geist schon immer da, hat sich aber erst am Pfingsttag so richtig öffentlich bemerkbar gemacht.
Das ist das erste Stück, daß wir lernen sollen, daß der Heilige Geist nicht erst am Pfingsttag sein Werk und Amt angefangen hat. Er hat es je und je in seiner Kirche geübt, aber erstlich am Heiligen Pfingsttag öffentlich geübt und sich mit besonderer Gewalt sehen lassen.
Denn er ist ewiger, allmächtiger Gott, wie Christus sagt: Er gehe vom Vater aus. Darum muß er eben der Natur und des Wesens sein, des der Vater ist. So haben wir gewisse Zeugnisse, daß er, der Heilige Geist, je und je seine Wirkung in den Menschen gehabt, sie nach Gottes Willen regierte und geführt habe. (Luther Pfingstpredigt)
Also ein Geist, der irgendwie das gleiche ist wie der Vater von Natur und Wesen. Und gleichzeitig geht der Geist von ihm aus, eine Art ausführendes Organ, das die Menschen nach Gottes Willen regiert.
Glauben und zweifeln
Luther scheint sich da ziemlich sicher zu sein. Er ist mittlerweile vom verzweifelt Suchenden zu einem sehr glaubensfest sicheren Menschen geworden. Genauso wie viele Kindergläubige und Esoteriker, die dafür andere Namen finden, wie z.B. the source. Mit einem großen Unterschied zu den mythologischen Religionen. Denn wenn sie keinen absoluten Wahrheitsanspruch im Sinne einer Mythologie proklamieren, liegt in diesen esoterischen, New Age oder wie immer gelabelten Vorstellungen ein großer Vorteil: Sie eignen sich nicht für Glaubenskriege. Es scheint sich da eine tolerantere Haltung zu entwickeln.
Eine globale, tolerantere Bewusstseinsstufe ist auch schon die rational, naturwissenschaftliche Stufe, die spätestens mit Galileo begann: Ich sehe etwas, messe etwas, wiederhole Versuche und komme zu Ergebnissen, die immer und überall gelten. Wie stehen also die aufgeklärten, naturwissenschaftlich-rational Gebildeten zum Heiligen Geist?
Es war für mich überraschen dzu hören, dass für Max Planck zum Beispiel Geist der Urgrund aller Materie ist. Nicht die sichtbare Materie ist das Reale, Wahre, Wirkliche – denn die Materie bestünde ohne den Geist überhaupt nicht – sondern der unsichtbare, unsterbliche Geist ist das Wahre. Er scheint sich da auch sehr sicher zu sein.
Aber auch hier bleibt die Frage: Ist dieser unsterbliche Geist, von dem Planck redet, ein Subjekt? Hat er ein Bewusstsein oder sogar einen Willen? Ist es eine Dreifaltigkeit?
Zweifel über Zweifel. Vielleicht das Beste, was wir haben.
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